Fahrplan zur schrittweisen Lockerung der Corona-Beschränkungen


Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat heute nach der Ministerpräsidentenkonferenz den Fahrplan zum Ausstieg aus den Corona-Beschränkungen vorgestellt. Der Plan gilt vorbehaltlich der Infektionslage und muss noch vom Kabinett verabschiedet werden.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Stufenfahrplan für Baden-Württemberg zur Lockerung der Corona-Verordnung vorgestellt. Baden-Württemberg geht als Land mit der zweithöchsten Inzidenz bei Covid-19 besonnen und vorsichtig beim Wiederhochfahren der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens vor.

Ab dem 11. Mai sind in einer ersten Lockerung der Kontaktbeschränkungen auch Geschwister von der Fünf-Personen-Grenze bei Ansammlungen in privaten Räumen ausgenommen. Künftig darf man auch mit den Personen eines weiteren Hausstands – also einer anderen Familie oder Wohngemeinschaft – rausgehen. Ansonsten hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz darauf verständigt, die sonstigen Kontaktbeschränkungen bis zum 5. Juni aufrecht zu erhalten.

Wie bereits angekündigt, dürfen Musik- und Jugendkunstschulen unter Auflagen wieder öffnen. „Eine gute Nachricht für viele Angehörige ist, dass wir die Besuchsregeln in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen wieder lockern können. Als besonders zu schützende Orte – zum einen für die Patientinnen und Patienten aber auch für das medizinische und pflegerische Personal – mussten wir hier sehr strenge Regeln erlassen. Eine unglaubliche Herausforderung und Belastung sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise Patientinnen und Patienten als auch für die Angehörigen“, so Kretschmann. Zudem können ab dem 11. Mai zahlreiche körpernahe Dienstleistungen wie Sonnenstudios, Kosmetik- und Tattoo-Studios wieder den Betrieb aufnehmen.

Die Infektionen weiter unter Kontrolle halten

Aufgrund der Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen zeigt sich immer nur mit der entsprechenden Verzögerung, wie sich Maßnahmen und Lockerungen auf das Infektionsgeschehen auswirken. „Daher müssen wir weiter vorsichtig sein und einen Schritt nach dem anderen machen, damit der Ausbruch nicht wieder außer Kontrolle gerät“, mahnte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Deshalb habe ich sehr bewusst im Vorfeld keine eigenen Pläne veröffentlicht oder gar beschlossen, obwohl natürlich auch wir solche Pläne in der Schublade liegen haben.“

Die oberste Messzahl bei allem sei, dass die Krankenhäuser nicht überlastet werden, machte Kretschmann noch mal deutlich. Szenen wie aus Italien und New York sind uns eben wegen unserer Maßnahmen erspart geblieben. Daher gelte der Plan nur vorbehaltlich des aktuellen Infektionsgeschehens. „Wir müssen weiter in der Lage sein, schnell reagieren zu können, wenn sich das Virus wieder schneller verbreitet. Dabei ist es auch denkbar, dass neue Beschränkungen nur regional in Kraft treten, um einen neuen Ausbruch im Griff zu behalten.“

Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, dass Landkreise oder kreisfreie Städte mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner innerhalb der letzten sieben Tage sofort wieder ein konsequentes Beschränkungskonzept umsetzen müssen. „Es geht also darum, lokale und regionale Brandherde umgehend durch schnelle, örtlich begrenzte Beschränkungen zu bekämpfen“, so Kretschmann.


Tracing App ist wichtiges Hilfsmittel bei der Pandemie-Bekämpfung

„Die Tracing-App ist ein ganz wichtiges Instrument, um Infektionsketten nachzuvollziehen und unterbrechen zu können.“ Deshalb müsse der Bund schnell die App an den Start bringen, appellierte Kretschmann. „Wir haben hier schon viel Zeit verloren.“ Bund und Länder haben sich darauf verständigt bei den Bürgerinnen und Bürgern für die Tracing-App zu werben. Dabei setzt Baden-Württemberg auf Datenschutz und Freiwilligkeit und auf das Verantwortungsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger.

„Bei der Festlegung unseres Stufenplans haben wir nach dem Ampelprinzip uns die einzelnen Bereiche genau angeschaut. Welche möglichen Infektionsrisiken bestehen? Gibt es eine Möglichkeit ein wirksames Konzept zu entwickeln, um das Infektionsrisiko zu vermindern? Lässt sich eine solche Konzeption zur Risikominimierung wirksam durchsetzen und kontrollieren?“, erläuterte Kretschmann. „Das sei nicht immer ganz einfach und natürlich fragt sich der eine oder andere, warum er noch nicht öffnen darf. Wir sind aber noch immer nicht in der Phase, in der wir sorglos werden dürfen. Die Krise ist noch nicht vorüber.“ Dabei erinnerte Kretschmann auch daran, dass es essentiell wichtig sei, sich weiter an die Regeln zu halten. „Wir haben strenge Hygieneregeln für die Bereiche, die wieder öffnen dürfen. Aber auch jeder einzelne muss sich weiter an die Abstands- und Hygieneregeln halten. Wir dürfen jetzt nicht nachlassen, sonst verspielen wir den in den vergangenen zwei Monaten hart erkämpften Erfolg leichtsinnig.“

Entscheidend sind die Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen

Dabei sind Öffnungen und Lockerungen schneller möglich, je besser sich die Infektionszahlen entwickeln. Sollten sich die Infektionszahlen dagegen wieder verschlechtern, müssten Lockerungen und Öffnungen länger bestehen bleiben oder sogar befristet wieder zurückgenommen werden.

Bei der Frage, ob die erste und zweite Bundesliga ihren Spielbetrieb wieder mit sogenannten Geisterspielen aufnehmen können, ist für Kretschmann alleine die Frage entscheidend, welche Auswirkungen die Fortsetzung des Spielbetriebs auf das Infektionsgeschehen hat. Er halte dies epidemiologisch nur vertretbar, wenn das Schutzkonzept strikt eingehalten werde. „Die Voraussetzungen sind vor allem engmaschiges Testen. Dabei dürfen die Tests nicht zu Lasten medizinisch notwendiger Tests aus anderen Bereichen gehen. Und Einhaltung der Quarantäne-Regeln bei Infektionen. Hier darf es keinen Sicherheitsrabatt geben“, so Kretschmann nachdrücklich.

Ein ähnliches Vorgehen könne er sich auch für andere Branchen und Berufe vorstellen, zum Beispiel dem Kulturbereich.

Der Stufenfahrplan für Baden-Württemberg

Die Landesregierung plant in mehreren Stufen die Maßnahmen der Corona-Verordnung zurück zu nehmen. Der Stufenplan gilt vorbehaltlich der aktuellen Infektionslage in Baden-Württemberg. Für die allermeisten Öffnungen und Lockerungen gelten strenge Hygienevorgaben und Infektionsschutzmaßnahmen. Hier finden sie den Entwurf des Stufenplans. Dieser muss noch vom Kabinett verabschiedet werden. So dass es eventuell in Details noch Änderungen geben kann.


Bereits geöffnet/erlaubt

Bildung

  • Notbetreuung bis 50 Prozent der Gruppengröße in Kitas.
  • Notbetreuung bis zur Hälfte des Klassenteilers bis zur Klassenstufe 7.
  • Schrittweise Öffnung für Abschlussklassen in den weiterführenden Schulen und Berufsschulen.
  • Stufenweise Öffnung der Erwachsenenbildung, beruflichen Bildung und von privaten Bildungseinrichtungen.
  • Online-Semester an den Hochschulen und Präsenzbetrieb wenn nötig, etwa in Laboren.
  • Spielplätze dürfen wieder öffnen.

Dienstleistungen und Handel

  • Frisöre dürfen öffnen.
  • Alle nicht-körpernahen Dienstleistungen sind erlaubt.
  • Fußpflege darf öffnen.
  • Einzelhandelsgeschäfte dürfen unabhängig von ihrer Größe öffnen.

Gastronomie, Tourismus und Kultur

  • Beherbergungsbetriebe dürfen für Geschäftsreisende öffnen.
  • Gastronomie darf Lieferdienste und Außer-Haus-Verkauf anbieten – auch Eisdielen und Cafés.
  • Tierparks, Zoos und botanische Gärten dürfen öffnen.
  • Museen, Galerien und Ausstellungshäuser dürfen öffnen.

Gesundheit und Pflege

  • Beschränkungen für Zahnärzte sind aufgehoben. Es dürfen wieder alle Behandlungen durchgeführt werden.
  • Elektive Eingriffe in Krankenhäusern sind wieder möglich.

Veranstaltungen

  • Demonstrationen sind erlaubt (Artikel 8 Grundgesetz).
  • Gottesdienste dürfen wieder stattfinden.


Ab dem 11. Mai 2020

Kontaktbeschränkungen

  • Geschwister werden von Fünf-Personen-Grenze bei Ansammlungen in privaten Räumen ausgenommen.
  • Künftig darf man auch mit den Personen eines weiteren Hausstands – also einer anderen Familie oder Wohngemeinschaft – rausgehen.

Bildung

  • Eingeschränkter Betrieb an Musikschulen und Jugendkunstschulen

Dienstleistungen und Handel

  • Sonnenstudios
  • Körpernahe Dienstleistungen mit vergleichbaren Hygienebedingungen wie Friseure können wieder angeboten werden. Dazu zählen: Massagestudios, Kosmetikstudios, Nagelstudios, Tattoo-Studios, Piercingstudios

Freizeit, Sport und Vergnügen

  • Spielhallen und ähnliches dürfen wieder öffnen. Gastronomische Angebote sind nicht erlaubt.
  • Freiluft-Sportanlagen für Sportaktivitäten ohne Körperkontakt dürfen wieder den Betrieb aufnehmen, etwa Tennis, Golf, Bogenschießen etc.
  • Freiluft-Sport mit Tieren ist wieder möglich, etwa Reitanlagen und Hundeschulen.

Gesundheit und Pflege

  • Schrittweise Lockerung der Besuchsregelung in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen.

Verkehr

  • Fahrschulen können schrittweise wieder öffnen.
  • Sportboothäfen können wieder den Betrieb aufnehmen.
  • Luftsport ist wieder möglich.


Vor Pfingsten

Bildung

  • In Abstimmung mit den Trägern öffnet ab dem 18. Mai die Kinderbetreuung. Maximale Belegung bis 50 Prozent.
  • Öffnung der 4. Klassen in den Grundschulen ab dem 18. Mai.

Fahrplan für weitere Öffnung des Schul- und Kita Betriebs

Gastronomie und Tourismus

  • Öffnung der Campingplätze und Wohnmobilstellplätze für Dauercamper mit autarker Versorgung.
  • Öffnung der Außengastronomie. In einem weiteren Schritt später Öffnung des Innenbereichs von Speisewirtschaften.
  • Freiluft-Ausflugsziele mit Einlasskontrolle.
  • Kontaktarm auszugestaltende Freizeitangebote wie etwa Minigolf oder Bootverleih werden wieder erlaubt.
  • Fahrradverleih zu touristischen Zwecken wird wieder möglich.

Sport

  • 1. und 2. Fußball-Bundesliga dürfen den Spielbetrieb wieder aufnhemen. Sogenannte Geister- oder Wohnzimmerspiele.


Ab Pfingsten

Bildung

  • Ab dem 15. Juni sollen die Grundschulen wieder für die restlichen Jahrgänge öffnen. Im wöchentlichen Wechsel die Klassen 1/3 und 2/4.
  • Ab dem 15. Juni sollen die weiterführenden Schulen wieder für die restlichen Jahrgänge öffnen. Im wöchentlichen Wechsel die Klassen 5/6, 7/8 und am Gymnasium 9/10

Fahrplan für weitere Öffnung des Schul- und Kitabetriebs

Gastronomie und Tourismus

  • Beherbergungsbetriebe, Campingplätze und Wohnmobilstellplätze dürfen wieder touristische Gäste aufnehmen.
  • Öffnung von Besucherzentren und Freizeitparks.

Sport und Fitness

  • Fitnessstudios, Tanzschulen, Kletterhallen, Indoorsporthallen und Indoorspielplätze sollen wieder öffnen können.
  • Spaß- und Freizeitbäder sollen zunächst nur für Schwimmkurse und Schwimmunterricht öffnen können.

Verkehr

  • Personen-Flussschiffahrt und Bodenseeschifffahrt soll den Betrieb wieder aufnehmen dürfen.


Derzeit nicht abschätzbar

Bei diesen Punkten sind Hygienekonzepte in Erarbeitung beziehungsweise in der Prüfung. Ein Datum für eine mögliche Öffnung steht derzeit aber noch nicht fest.

Dienstleistungen

  • Prostitutionsgewerbe.

Freizeit und Gastronomie

  • Saunen und Wellnessbereiche.
  • Der Innenbereich von Kneipen und Bars.

Kultur, Freizeit und Sport

  • Theater, Schauspiel, Ballett, Konzerte, Oper und Kinos.
  • Musikfestivals, Film-, Theater- und Musikfestivals.
  • Diskotheken.
  • Zuschauer bei Sportveranstaltungen.
  • Freibäder.
  • Badeseen.
  • Bolzplätze.
  • Mannschaftssport.

Verkehr 

  • Omnibusse im touristischen  Verkehr.

Veranstaltungen

  • Fachmessen, Publikumsmessen, Volksfeste/Kirmes/Hocketse, Vereinsfeste, Kongresse, Feiern.
  • Großveranstaltungen sind voraussichtlich bis Ende des Jahres nicht möglich.


Erklärung des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nach der Sitzung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 6. Mai 2020

Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 6. Mai 2020