2005: Professor Edgar Reitz

Professor Edgar Reitz


Edgar Reitz
erhält den Justinus-Kerner-Preis
der Stadt Weinsberg

 

Der Justinus-Kerner-Preis der Stadt Weinsberg wird im Jahre 2005 an den Filmproduzenten und Regisseur Edgar Reitz verliehen. Der Preis ist mit 7.500 EUR dotiert.

Der Preis wurde im Jahre 1986 anlässlich des 200. Geburtstages des Weinsberger Arztes und Dichters Justinus Kerner (1786-1862) von der Stadt Weinsberg gestiftet. Er wird alle drei Jahre an Persönlichkeiten verliehen, die in Verbindung mit dem Lebenswerk Kerners oder in seinem Sinne auf den Gebieten der Literatur, der Medizin oder der Heimat- und Denkmalpflege Herausragendes geleistet haben.

Edgar Reitz wurde am 1. November 1932 in Morbach/Hunsrück geboren und wuchs dort auf. Er studierte nach dem Abitur Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaft in München und war - neben Alexander Kluge - einer der Mitbegründer des Neuen Deutschen Films. Ein Jahr später gründete er zusammen mit andern jungen Regisseuren die erste Filmschule der Bundesrepublik Deutschland, das „Institut für Filmgestaltung“ an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, wo er acht Jahre lang Regie und Kameratheorie lehrte. In der Folgezeit schuf er eine Reihe von Spiel-, Dokumentar- und Experimentalfilmen. 1971 gründete Reitz eine eigene Filmproduktionsfirma in München. Seit Mitte der 70er Jahre verfasste er zahlreiche Abhandlungen über Filmtheorie und Filmästhetik, zugleich aber auch literarische Fassungen seiner Filme.

1995 gründete er das „Europäische Institut des Kinofilms, EIKK“ in Karlsruhe und ist an der dortigen Staatlichen Hochschule für Gestaltung Professor für Film. Er hat seit den 60er Jahren zahlreiche, auch internationale Preise und Auszeichnungen für sein Filmschaffen erhalten. Edgar Reitz lebt in München.

Mit seiner Trilogie „Heimat“, die insgesamt 30 Einzelfilme umfasst, hat Reitz Filmgeschichte geschrieben. Ihren ersten Teil beendete er 1984, ihr letzter Teil wird ab 15. Dezember 2004 in der ARD in sechs Folgen ausgestrahlt werden (Sendetermin jeweils 20:15 Uhr). In faszinierender Weise ist es ihm hier gelungen, seine eigene Heimat in Form eines monumentalen Films darzustellen. In der fast ein Jahrhundert umfassenden Familiengeschichte zeigt er voller Sympathie für seine Filmpersonen deren Ambivalenz zwischen Heimatverbundenheit und Heimatlosigkeit, zwischen intimer Nähe und äußerster Verlorenheit. Untrennbar von den Personen ist ihr häusliches und landschaftliches Umfeld, mit dem sie spannungsreich verwoben sind. Reitz stellt mit dem individuellen Erleben seiner Protagonisten zugleich die gesamtgesellschaftliche Situation dar, sodass im Einzelschicksal das der gesamten Nation aufscheint. Er leistet hier eine einfühlsame Analyse, die zugleich eine Art Selbstanalyse, eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebensursprung, darstellt, wobei Glück und Leid eine intime Verbindung eingehen.

Auch Justinus Kerner hat sich vor dem Hintergrund der romantischen Naturphilosophie und Dichtung intensiv mit dem Gedanken der Heimat auseinandergesetzt. Er kümmerte sich besonders um jenen Bereich, den wir heute der Heimatgeschichte bzw. –forschung und der Denkmalpflege zuordnen würden. Und wie Edgar Reitz in der Geschichte seiner Einzelpersonen aus dem Hunsrück die kollektive Geschichte der Deutschen aufzeigt, ging es Kerner – freilich auf einem anderen Arbeitsfeld - bei der Behandlung einzelner „somnambuler“ Patienten, insbesondere der „Seherin von Prevorst“ - ebenfalls um das Aufzeigen allgemeiner Gesetzmäßigkeiten des Seelenlebens. Wie bei Reitz ist auch bei Kerner eine tiefe Sympathie für seine Mitmenschen zu spüren, bei der das richtige Verhältnis von Nähe und Distanz gewahrt wird. Auf manche Filmszene von Reitz würde das eine oder anderer Gedicht von Kerner trefflich passen, was nur belegt, wie „romantisch“ Reitz ist – und wie „modern“ Kerner war.



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Bilder der Preisverleihung: